Picknick am Valentinstag (1975)

There’s some questions got answers and some haven’t.“

Während einer Exkursion des Appleyard Mädcheninternats am Valentinstag des Jahres 1900 zum Hanging Rock, einem Felsmassiv in Victoria, Australien, verschwinden drei Schülerinnen sowie eine Lehrerin auf geheimnisvolle Weise. Das Fehlen jeglicher Spur bringt die sichere, spät viktorianische Welt des Internats und seiner Bewohner ins Wanken.

Es ist schwer, viel mehr über die Handlung dieses merkwürdigen, langsamen und dennoch zugleich faszinierenden wie auch beängstigenden Films von Peter Weir zu erzählen. Zum einen weil er nicht den Abläufen und Konventionen eines typischen Hollywoodfilmes folgt, zum anderen aber auch weil er seine Stärke weniger aus dem zieht, was geschieht, sondern mehr aus seinen Bildern, der Musik und der ungemein dichten Atmosphäre.

Peter Weir mag vielen Kinogängern vor allem als Regisseur von erfolgreichen, wenn auch doch eher ungewöhnlichen Hollywoodfilmen wie Der Club der toten Dichter, Fearless oder Die Truman-Show bekannt sein. In diesen, seinen späteren Werken gelingt es Weir nicht nur die Dramaturgie eines modernen Hollywoodfilmes mit einer sehr persönlichen tragikomischen Sensibilität zu verbinden. Vor allem konzentriert sich Weir auf das menschliche Individuum, seine Wünsche, seine Ängste, seine Träume und Traumata.

Diesen Ansatz sucht man in seinen früheren Werken, speziell in den Filmen, die noch in Australien entstanden, vergeblich. Und auch in Picknick am Valentinstag ist Weir viel mehr an einer individuellen, subjektiven Aufarbeitung der australischen Geschichte und Kultur interessiert. Genau wie in dem großartigen Die letzte Flut, dem Film, der Picknick am Valentinstag folgen sollte, konfrontiert Weir sein Heimatland mit der Unterdrückung der Aborigines und deren Kultur und den Konsequenzen die sich sowohl für die Ureinwohner, als auch für die modernen, westlich geprägten Einwanderer daraus ergeben.In Die letzte Flut gelingt Weir damit ein bedrückender, beängstigender und zugleich ungemein spannender Film.

Und wie ist es nun mit dem Picknick?

Audiovisuell ist Weir ein absolutes Meisterwerk gelungen.

Vor allem die ersten 30 Minuten des Films, die den Ausflug und das Verschwinden der Mädchen zeigen, bestehen aus betörenden, träumerischen, wundervoll komponierten Collagen von sonnendurchfluteten Bildern, die wie lebendig gewordene Bilder von William Turner oder Claude Monet wirken. Die Art, wie Weir durch die Verzerrung der Perspektive und den Einsatz klassischer Musik den Zuschauer dabei in einen traumwandlerischen, fast hypnotischen Zustand versetzt, haben wenige Regisseure (Stanley Kubrick kommt einem in den Sinn) so gelungen gemeistert.

Leider mangelt es dem Film ansonsten etwas an Antrieb. Die Geschichte zerfasert immer mehr, was unter anderem daran liegt, dass Weir sich nicht nur weigert, eine Auflösung der Geschichte zu bieten (da auch die Literaturvorlage von Joan Lindsey darauf verzichtet, ist das durchaus entschuldbar), sondern vor allem auch dem Zuschauer seine Botschaft klar zu vermitteln. Dies mag aus durchaus hehren Absichten geschehen sein, ist Weir doch ein Regisseur, der, ähnlich wie Kubrick, das Mitdenken des Zuschauers verlangt.

Im Gegensatz zu Die letzte Flut gelingt es ihm gen Ende des Films aber nicht, seine Motive zu einem befriedigenden Ende zusammenzuführen. Und wo der Zuschauer am Ende von Die Letzte Flut mit einem brutalen Schwinger in die Magengrube entlassen wird, bleibt er in Picknick am Valentinstag zwar etwas verängstigt und ratlos, aber zugleich recht unbeschadet (und damit auch leider weniger beeindruckt) zurück.

Und trotzdem:

Picknick am Valentinstag ist ein faszinierendes Stück Film, eine sehr persönliche und einfühlsame Interpretation einer romantischen Geschichte, die auf visuell und musikalisch einzigartige Art und Weise umgesetzt wurde.

Kein Film für jeden, aber für solche, die sich in Filmen verlieren möchten, die ein paar Längen nicht stören und die gerne über einen Film nachdenken, auch lange nachdem er vorbei ist.

-Markus

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