Dr Horrible’s Sing-Along Blog (2008)

„As of tonight I am in the Evil League of Evil, if all goes according to plan which it will, because I hold a PHD in HORRIBLENESS.“

Billy (Neil Patrick Harris) ist ein junges, aufstrebendes Genie, dass versucht, ein Gleichgewicht zwischen seiner Karriere als Superbösewicht und seiner heimlichen Liebe zu Penny (Felicia Day) herzustellen. Wieder und wieder werden seine Pläne von dem beliebtesten Helden der Stadt, Captain Hammer (Nathan Fillion), durchkreuzt. Nicht nur dass, Penny verliebt sich in Hammer. Billy setzt alles daran, gleichzeitig in die Evil League of Evil aufgenommen zu werden und Penny von seiner Liebe zu überzeugen.

Zwischen 2007 und 2008 streikten die Film- und Fernsehautoren Hollywoods. Nachvollziehbar, hatten sie doch genug davon, dass der Erfolg vieler Produktionen zwar auf den Drehbüchern beruhte, die sie verfasst hatten, die Gewinne aber letztendlich nur zwischen dem Studio und den Produzenten aufgeteilt wurden. Viele Moderatoren und Schauspieler unterstützen den Streik, der immense Auswirkungen auf ganz Hollywood hatte: Staffeln von TV-Shows mussten halbiert oder unterbrochen werden, große Filmproduktionen wurden auf Eis gesetzt und Late Night Shows mussten ohne ihre Gagschreiber auskommen.

Mitten in diesem Chaos entschloss sich Joss Whedon, Autor von Buffy Im Banne der Dämonen und Schöpfer von Firefly (und der Autor des recht erfolgreichen Superheldenstreifens The Avengers), dem Mainstream Hollywood etwas entgegenzusetzen. Dass dabei ausgerechnet ein Musical über einen liebeskranken, verrückten Wissenschaftler herausgekommen ist, dass innerhalb von nur sechs Tagen mit einem kleinen Budget und einer noch kleineren Crew entstand, ist bemerkenswert. Und dass Dr Horrible trotz dieser Umstände und seiner (leider) nur 42 Minuten Laufzeit das für mich vielleicht ungewöhnlichste, witzigste und zugleich berührendste Hollywood Musical ist, zeigt, was für eine Ausnahmeerscheinung Joss Whedon im heutigen Filmgeschäft darstellt.

Denn auch wenn die Geschichte sich auf wenige Schauplätze und nur drei Hauptdarsteller konzentriert, funktioniert sie richtig gut. Vor allem ist das dem großartigen Drehbuch und der absoluten Begeisterung der Darsteller zu verdanken. Genau wie in seiner Darstellung des legen- es kommt gleich- dären Barney Stinson in How I Met Your Mother holt Neil Patrick Harris aus jeder Szene, jeder Dialogzeile und jedem Song das absolut Letzte heraus. Ohne sein facettenreiches Porträt des Dr. Horrible, das ständig von Sympathie zu Wahnsinn, von unfreiwilliger Komik zu Mitgefühl für den Charakter wechselt, hätte der ganze Film nicht funktioniert.

Nathan Fillion, der einer der Stammschauspieler Joss Whedons ist, wurde die Rolle von Captain Hammer auf den (damals noch durch trainierten) Leib geschrieben. Es ist erstaunlich, dass ein Mann wie Nathan Fillion es niemals wirklich geschafft hat, in Hollywood anzukommen, sprüht er doch nicht nur vor Charisma und Charme, sondern ist sich auch nicht zu schade dafür, sich immer wieder selbst auf den Arm zu nehmen. Sein selbstverliebter, ebenso männlicher wie dämlicher Captain Hammer ist die Definition von (dem eigentlich unübersetzbaren) „cheesy“. Der Kontrast zwischen ihm und Dr Horrible, der sich nicht nur optisch, sondern auch in den Liedern und vor allem in der sehr vielschichtigen Umsetzung des Held-Schurke Klischees zeigt, ist ein wiederkehrender Höhepunkt des Films und zwei Ausnahmetalente wie Fillion und Harris aufeinanderprallen zu sehen, ist das reinste Vergnügen.

Felicia Day war mir vorher unbekannt, ist aber für die Rolle der Penny sehr, sehr gut ausgesucht. Sowohl die Art, wie Penny angelegt ist, als auch wie sie von Day verkörpert wird, verhindert das der Charakter zu dem Klischee der süßen, unschuldigen „Trophäe“ für den Protagonisten verkommt. Penny ist reizend, hat aber genauso ihren eigenen Kopf und kümmert sich, im Gegensatz zu Billy und Captain Hammer um wirkliche soziale Probleme. Days Darstellung hilft dabei, dem Film eine Erdung zu geben, ohne die er einen weit weniger berührenden Eindruck beim Zuschauer hinterlassen würde.

Die Songs wurden von Joss Whedon in Zusammenarbeit mit seinem Bruder Jed geschrieben und komplett in dessen Wohnzimmer aufgenommen (man merkt, wie familiär und auf das Wesentliche konzentriert die Produktion gewesen sein muss). Oftmals nervt es, wenn in Musicals in jedem kleinen zwischenmenschlichen Moment los geträllert wird. Die Lieder in Dr Horrible sind aber so witzig geschrieben, so entzückend komponiert und so wunderbar dargebracht, dass man sich auf nächsten Song freut und immer wieder überrascht wird. Zu meinen persönlichen Highlights gehören das genial von NPH intonierte Brand New Day, das so witzig-gemeine Everyone’s A Hero und das finale Everything You Ever, das ich aus Spoilergründen nicht verlinken möchte.

Als kleines Internetprojekt entstanden, ist Dr Horrible wirklich ein Phänomen und jedem der auch nur IRGENDWAS mit Musicals, mit den Darstellern oder mit Joss Whedon anfangen kann, absolut empfohlen, nicht zuletzt weil der Film in den letzten Minuten noch einmal eine wirklich dramatische (wenn auch nicht ganz unvorhersehbare) Wendung nimmt.

Dr Horrible gibt’s immer noch auf iTunes in drei Episoden aufgeteilt und auf DVD für kleines Geld.

Wobei es unter Umständen sein könnte, aber dafür gibt der Autor keine Gewähr, dass es auf dem einen oder anderen Videoportal noch immer komplett am Stück zu sehen ist.

Und da Joss Whedon Dr Horrible zuerst völlig gratis auf der eigenen Website angeboten hat, wird er wohl hoffentlich nichts dagegen haben.

-Markus

Kommentar verfassen